Modul T: Internierung, Umerziehung und Bestrafung: das britische Internierungslager Neuengamme 1945-1948

Marco Kühnert

 

Zielgruppen
Dieses Seminar ist für alle Gruppen geeignet; sowohl für Erwachsene, insbesondere für MitarbeiterInnen bzw. Auszubildende/Studierende der öffentlichen Verwaltung, Polizei, Justiz, Medizin und Pflege, Eisenbahn und Bundeswehr, als auch für Schulklassen ab Klassenstufe 10 und Berufsschulklassen

 

Themen, Fragestellungen und Ziele
Schon in der Moskauer Deklaration vom 30. Oktober 1943 hatten die Alliierten das „Statement on Atrocities“ eingefügt, mit welchem sie grundsätzlich übereingekommen waren, die NS-Verbrecher zu bestrafen. Es wurde das Tatortprinzip, also die Überstellung von Beschuldigten in jene Länder, in denen sie ihre Taten begangen haben, und eine gemeinsame Bestrafung jener Verbrecher, deren Tatbeteiligungen grenzübergreifend waren, vereinbart.

 

Infolge der nachfolgenden alliierten Beschlüsse wurden nach der Kapitulation Deutschlands in den vier Besatzungszonen ca. 320.000 Deutsche interniert, davon etwa 93.000 in der britischen Zone. Die Mehrzahl der Internierten waren SS-Angehörige und Funktionsträger des nationalsozialistischen Staatsapparates. Als Orte der Internierung wurden auch frühere Konzentrationslager genutzt, darunter Neuengamme in der britischen, Dachau in der US-amerikanischen sowie Buchenwald und Sachsenhausen in der sowjetischen Besatzungszone. Internierungen, Ermittlungsverfahren, Anklageerhebungen und Urteilsfindungen fanden in den jeweiligen Besatzungszonen unter unterschiedlichen Voraussetzungen und teilweise unter Anwendung unterschiedlicher Rechtsnormen und Verfahrensprinzipien statt. Die Bestrafung deutscher NS-Verbrecher, deren Opfer keine alliierten Staatsbürger, sondern Deutsche waren, wurde der deutschen Justiz überlassen.

 

In diesem Seminar wird am Beispiel des britischen Internierungslagers Neuengamme (1945-1948), dem Civil Internment Camp (CIC) No. 6, der Frage nachgegangen, wie in der britischen Besatzungszone die Re-Zivilisierung der Inhaftierten, ihre Entnazifizierung und die juristische Ahndung der NS-Verbrechen geplant und umgesetzt wurden. Die TeilnehmerInnen lernen das Gelände und Ausstellungsteile der KZ-Gedenkstätte Neuengamme kennen, die mit dem thematischen Schwerpunkt verbunden sind. Es wird aufgezeigt, dass die militärischen Sicherheitsinteressen der Besatzungsmacht, das Interesse an einer effektiven Strafverfolgung und politische Ziele der „re-education“, also der Umerziehung, eng miteinander verknüpft waren. Darüber hinaus werden folgende Fragestellungen bearbeitet: Mit welcher Mentalität traten die britischen Besatzungsbehörden den Deutschen, vor allem den Internierten, gegenüber? Welche Maßnahmen zur Sicherung, zur Bestrafung und zur Umerziehung wurden getroffen? Wer waren die Internierten? Wie waren ihre Haft- und Lebensbedingungen im CIC No. 6? Welche Selbstwahrnehmung hatten die Internierten?
Das Seminar kann als Tagesveranstaltung, aber auch als Teil mehrtägiger Seminare gebucht werden, beispielsweise als Ergänzungsmodul zum Angebot „Wehrmacht und Unrechtshandeln im Nationalsozialismus“.