Modul J: Präventionsgedanke und Kriminalbiologie

Andreas Strippel

 

Zielgruppen
PolizistInnen in Ausbildung- und Weiterbildung, MultiplikatorInnen aus Ausbildungsstätten der Polizei

 

Themen, Fragestellungen und Ziele
Mit der Professionalisierung und Verwissenschaftlichung der Kriminalistik im 19. Jahrhundert entwickelte sich international und systemübergreifend der Ansatz, Verbrechen zu bekämpfen, bevor sie entstehen. Innerhalb der deutschen Kriminalpolizei und Kriminalistik der 1920er-Jahre verbreitete sich die Idee der Prävention und es bildeten sich dort zunächst zwei Richtungen aus. Zum einen sollte die Öffentlichkeit über die Vorgehensweise von Kriminellen aufgeklärt werden – zum Beispiel dadurch, wie Einbrüche in die eigene Wohnung verhindert werden können. Zum anderen bediente sich die Kriminalpolizei gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Diskurse, die bestimmte Formen abweichenden Verhaltens a) kriminalisierte und b) als biologisch bedingt definierte. Ersteres war tat-, letzteres täterzentriert und mit beiden Elementen wollte die Kriminalpolizei Verbrechen verhindern. Die Tat vom Täter her zu denken war in der Kriminalistik eine vergleichsweise junge Idee. Durch die Verbindung mit eugenischen Konzepten wurde die Kriminalistik so Teil der Bevölkerungspolitik; Kriminalität wurde dabei biologistisch und gesellschaftlich interpretiert. Im Nationalsozialismus war die Kriminalbiologie als Teil der rassenhygienischen Bevölkerungspolitik eine der wesentlichen Grundlagen der Vernichtungspraxis.

 

In diesem Modul setzen sich die TeilnehmerInnen mit folgenden Themen auseinander:
a) der Legitimität von Prävention und
b) der Notwendigkeit demokratischer Kontrolle (damit werden sowohl staatliche Institutionen als auch gesellschaftliche Akteure angesprochen).

 
Einerseits sollen die TeilnehmerInnen den Unterschied zwischen einem Rechtsstaat und einem Präventivstaat (der Nationalsozialismus wird hier als Präventivstaat gesehen, der ohne rechtliche Bindungen ein „Volkswohl“ herstellen will) und anderseits das Spannungsverhältnis zwischen individuellen Rechten und kollektiven Schutzbedürfnissen erkennen und diskutieren.